AKW Beznau (CH) hat Potential für Verbesserung

„AKW Beznau hat Potential für Verbesserung“ titelt die deutsche Presse nach den Verlautbarungen des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats (ENSI). Das ENSI selbst schreibt dazu in seiner Verlautbarung: Das ENSI hat im Interesse der Sicherheit darauf verzichtet, den „Stand der Nachrüstungstechnik“ und den „Stand von Wissenschaft und Technik“ allgemeingültig zu definieren.

Der Leiter des Fachbereichs Sicherheitsanalyse Ralph Schulz sagt dazu: “Ein Festschreiben des Standes der Nachrüsttechnik, bedeutet ein Minus für die Sicherheit.” Vor kurzem wurde mal eben die Maximaldosis an Radioaktivität, der die Bevölkerung bei einem Erdbeben ausgesetzt werden könnte, um den Faktor 100 (!) erhöht, um den Weiterbetrieb des 52 Jahre alten Uralreaktors sicherzustellen. Vor diesem Hintergrund wirkt die Haltung des ENSI wie blanker Hohn gegenüber den Kritikern der Altanlage.

Schulz weiter: “Als Aufsichtsbehörde wollen wir weiterhin auf der Basis des aktuellsten Wissenstandes anlagenspezifisch entscheiden können.” Längst ist sich die Wissenschaft einig, dass solch alte Reaktoren niemals den Sicherheitsanforderungen entsprechen werden, die heute aus gutem Grund an AKWs gestellt werden. Nachrüstungen können nur begrenzt Teilbereiche verbessern. Die Versprödung des Reaktordruckbehälters, das um 9,2 mm (von 30 mm) durchgerostete Stahlcontainment, mangelnde Erdbeben- und Flugzeugabsturzsicherheit werden mal eben ignoriert.

So verkündet das ENSI am 16.11.2021: „Das Kernkraftwerk Beznau wurde im Beurteilungszeitraum 2012 bis 2016 mit der notwendigen Sorgfalt betrieben und war sicherheitstechnisch auf einem guten Niveau.“

https://www.ensi.ch/de/2021/11/16/kkw-beznau-ensi-stellt-forderungen-im-hinblick-auf-den-langzeitbetrieb/

Doch dies ist schon inhaltlich falsch! Im Jahr 2020 mussten bei zwei Notstromgeneratoren die vorgeschriebenen Schockabsorber nachgerüstet werden, die seit 1992 versehentlich nicht eingebaut waren. Weder die NOK, noch Betreiber AXPO oder das ENSI hatten das in all den Jahren bemerkt. Und damit nicht genug: Offenbar bestand bis 2017 zwei Jahre lang auch noch ein Softwarefehler der dazu geführt hätte, dass bei einem Unfall die Notstromversorgung abgeschaltet worden wäre.

Immerhin haben die leitenden Mitarbeiter Ralph Schulz und Georg Schwarz im Dezember 2019 anlässlich der Sitzung des „Technischen Forums Kernkraftwerke“ eingestehen müssen, dass das ENSI sich bezüglich der Brennelementschäden im AKW Leibstadt geirrt habe. Am Umgang der Schweizer AKW-Betreiber und deren Aufsichtsbehörde mit der Sicherheitskultur scheint das leider nicht viel geändert zu haben. Und so müssen wir von riesigem Glück reden, dass gravierende Notfälle in Beznau ausgeblieben sind. Denn ohne Not-Reaktorkühlung wäre ein GAU unausweichlich. Um die Sicherheit der beiden uralten Reaktoren zu gewährleisten hilft nur Abschalten. Doch dann kommt auf die Betreiber ein weiteres Problem zu: Die Kosten für Stilllegung und Entsorgung eines AKWs haben sich seit den Berechnungen der NAGRA von 1978 um den Faktor 90 bis 180 erhöht. Nach konservativen Schätzungen fehlen 12 Milliarden Franken in den Stilllegungs- und Entsorgungsfonds. Und wie reagieren AKW-Betreiber auf Forderungen des ENSI, hier vorzusorgen? Es wird durch alle Instanzen geklagt.

                                                                                                                      Blondie Bernd Wallaschek